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HANDELSBLATT, Mittwoch, 6. Dezember 2006, 16:11 Uhr

 

US-Außenpolitik Politische Ohrfeigen für George W. Bush

 

Es sind schwere Stunden für US-Präsident George W. Bush: Wenige Wochen nach der Niederlage seiner Republikaner bei den Kongresswahlen schlägt ihm eine hochkarätig besetzte Expertenkommission direkte Gespräche mit Teheran und Damaskus vor - und sein künftiger Verteidigungsminister sagt öffentlich, dass er nicht an einen Sieg im Irak glaubt.

 

HB WASHIUNGTON. All das sind politische Ohrfeigen für US-Präsident George W. Bush, der seit Jahren nicht müde wird, einen Sieg als den einzig möglichen Ausgang für den Irakfeldzug zu propagieren. Und Gespräche mit Syrien und dem Iran lehnte er bisher wegen ihrer Unterstützung terroristischer Gruppen strikt ab.

 

Die jüngsten, selbstkritischen US-Analysen der Lage im Irak haben eines gemeinsam: Sie demonstrieren fast eine Bankrott-Erklärung der bisherigen Irak-Politik der Bush-Regierung. Nachdem sich schon die Begründung des Kriegs - angebliche Massenvernichtungswaffen und Bagdads Beziehungen zur Terrororganisation El Kaida - als haltlos erwiesen, gibt es in der US-Hauptstadt kaum noch jemanden, der an die früheren kühnen neokonservativen Visionen für den Nachkriegs-Irak glaubt. Ein modernes Irak sollte laut Bush ein „Leuchtturm der Demokratie“ für den Nahen und Mittleren Osten werden, die autoritären Regimes der Region ins Lager der westlichen Demokratien führen.

 

„Sehr ernst“ werde er die Vorschläge der Baker-Kommission nehmen, versicherte Bush nun und sagte dann die entlarvenden Worte: Für einen dauerhaften Frieden im Irak brauche es „eine Strategie, die erfolgreich ist“. Deutlicher kann kaum formuliert werden, dass die Strategie der vergangenen vier Jahre gescheitert ist.

 

Nun geht es in Washington angesichts der teilweisen Anarchie im Irak nur noch um Schadensbegrenzung und die verzweifelte Suche nach einem Ausweg. „Ein willkommener Hauch von ehrlichem und aufrichtigem Realismus“, meinte der demokratische Senator Carl Levin erleichtert nach der Anhörung von Gates. Die überwältigende, Partei-übergreifende Zustimmung für den designierten Pentagon-Chef Gates erklärt sich aus seiner eingestandenen Ratlosigkeit: Er sei für alle Optionen offen, er werde alles genau prüfen, meinte der Ex-CIA-Chef.

 

 

 

Republikaner und Demokraten schienen froh, endlich keinen ideologisch festgelegten Politiker vor sich zu haben - Hauptsache ein Mann, der nicht so ist wie (Ex-Verteidigungsminister) Donald Rumsfeld, kommentierte die „New York Times“ die Stimmung im Senat. Die US-Regierung müsse sich nun für die „am wenigsten schlechte der vielen schlechten Optionen entscheiden“, schrieb der Ex-Botschafter Daniel Kurtzer.

 

Während sich die meisten US-Politiker in der düsteren Analyse der Lage im Irak einig sind, gibt es nur wenige, die eine Antwort auf die Frage haben, wie es weitergehen soll. Die einen wollen Truppen abziehen, die anderen erst mal die Streitkräfte verstärken. Auch der Baker-Bericht zeigt ersten Meldungen zufolge keine überraschenden Perspektiven auf oder offeriert gar eine Zauberformel für einen ehrenvollen und politisch ungefährlichen Abzug der Amerikaner aus dem Chaos im Irak.

 

Schon die Einbeziehung Syriens und des Irans oder die dringend empfohlene neue Initiative für den israelisch-palästinensischen Konflikt beinhalten für Washington so viele, kaum beeinflussbare Unwägbarkeiten, dass sich eine neue US-Politik kaum darauf gründen lässt. Und eine Erhöhung des Drucks auf die irakische Regierung erscheint angesichts der inneren Zerrissenheit und der begrenzten Macht der Koalitionsregierung von Nuri El-Maliki mehr als zweifelhaft. Viele US-Politiker haben das Gefühl, außenpolitisch in einer Sackgasse gelandet zu sein.

 

 

 


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